Audiovisuelle und interaktive Medien in der BNE
Am 29.03.2017 veranstaltete das Partnernetzwerk Medien in Kooperation mit der Natur- und Umweltschutz-Akademie (NUA) in Recklinghausen Workshops zum Thema, wie in der BNE audiovisuelle und interaktive Medien eingesetzt werden können. Wir präsentieren eine multimediale Dokumentation der Veranstaltung.
Zum Thema
Schmelzende Gletscher, abgebrannte Wälder, hungernde Kinder: Solche Bilder sind in den öffentlichen Medien täglich präsent. Doch was bewirken sie? Was sind hingegen unsere eigenen Vorstellungen und Bilder von sozialer Gerechtigkeit, von Klimawandel, von einem nachhaltig guten Leben? Wie lassen sie sich visuell erzählen, mit welchen Medien umsetzen und in pädagogische Prozesse einbinden? Welche Kommunikationschancen werden eröffnet, welche Räume der medialen Selbsterfahrung?
Die Veranstaltung „Audiovisuelle und interaktive Medien in der BNE“ hat Möglichkeiten interaktiver Medien in einer Bildung für Nachhaltige Entwicklung vorgestellt, erprobt und konkret erfahrbar gemacht. In verschiedenen Workshops wurden unterschiedliche mediale Zugänge – ob YouTube-Videos, Apps, dialogische oder transmediale Erzählformen – in ihren jeweiligen Potenzialen praktisch erschlossen. Dabei standen die Medien im Vordergrund, die auch im gegenwärtigen Medienalltag von vor allem jüngeren Menschen eine maßgebliche Rolle spielen.
Die Veranstaltung erfolgte im Rahmen des Nationalen Aktionsplans BNE, der als deutscher Beitrag des von der UNESCO ausgerufenen internationalen Weltaktionsprogramms vom Bundesministerium für Bildung und Forschung koordiniert wird. Das Partnernetzwerk Medien ist eines von 10 Partnernetzwerken, welche die Akteure in unterschiedlichen Handlungsfeldern vernetzen und als Impulsgeber aktiv sind. (weitere Infos)
Die Eröffnung
In seiner Begrüßungsrede legte Norbert Blumenroth, der Leiter der NUA, dar, wie wichtig es ist, positive Bilder des Wandels zu generieren. Bilder der Veränderung machen oft Angst. Doch das muss nicht sein.
Tonaufnahme der Rede:
In seiner Einführung in das Thema plädierte Dr. Joachim Borner, Sprecher des Partnernetzwerks Medien, für Geschichten, die spannende Zukünfte erzählen. Der folgende Clip zeigt einen Auszug seines Vortrags:
Workshops
Fünf Workshops waren für die Tagung geplant. Leider musste ein Workshop krankheitsbedingt ausfallen. Hier geht es zum kompletten Tagungsprogramm. Die Workshop wurden wie folgt angekündigt:
Programm
Wie man YouTuber für das Gute wird
Referent:
Kilian Rüfer, SUSTAINMENT® – Spezialisierte Kommunikation für Nachhaltiges
Schon mit dem Smartphone und einem Laptop kann man selbst Videos machen und in die Fußstapfen von YouTubern wie LeFloid treten. Unsere Zukunft braucht kreative „Übersetzer“, die den Staub abschütteln und die Nachhaltigkeit für cool erklären.
Beim Erklären und Einarbeiten lernt man enorm viel – über die Inhalte und den bewussten eigenen Auftritt. Wie plant man seine Videos? Wie dreht und schneidet man sie? Und wie baut man sich seine Community in sozialen Medien auf? In dem Workshop geht es um das Machen. Es werden eigene Episoden erarbeitet, gedreht, geschnitten und veröffentlicht. Am Ende des Tages sollen erste Videos auf YouTube hochgeladen werden. Die Teilnehmer sollen ihre eigenen Mediengeräte mitbringen: Smartphone, Laptop… Vielleicht haben auch einige ein Stativ und einen Camcorder.
YouTube eignet sich für Einzelne und für Gruppen, die einen YouTube-Kanal kontinuierlich bespielen und sich Reichweite aufbauen wollen.
Zielgruppe: Jugendliche und Erwachsene mit Interesse (und Vorkenntnissen) an der Produktion eigener Videos
Kommentar Kilian Rüfer:
In nur zwei Stunden durfte ich Schülern, Lehrern und “Multiplikatoren” das YouTuben näher bringen. Wenn Du weiter liest, findest Du Tipps und Gedanken zum YouTuben und eine kleine Reflexion dieses schönen Tages. Schon mit dem Smartphone und einem Laptop kann man selbst Videos machen und in die Fußstapfen von YouTubern wie LeFloid treten. Dafür brauchst Du ein Thema, das Dich stark motiviert.
Mehr dazu in SUSTAINMENT´s Blog
Fotos zum Workshop:
Serielles und transmediales Erzählen in der BNE
Referenten:
Giovanni Fonseca, Selbständiger Internationaler Berater für BNE (#OrganicLearning)
Dr. Thomas Klein, Kolleg für Management und Gestaltung nachhaltiger Entwicklung gGmbH (KMGNE)
Informelle Bildung, die sich an junge Erwachsene richtet, kann in besonderer Weise auf digitale Medien zurückgreifen. So kann für die Mitwirkung und Mitgestaltung von Bildungsaktivitäten Begeisterung geweckt werden. Serielles und transmediales Erzählen sind gerade unter jungen Menschen populäre und attraktive Formen des Storytelling. Während die Grundprinzipien seriellen Erzählens vielen Menschen bekannt sein dürften (z.B. Wiederholung & Variation, Episodisches Erzählen, langfristige Kontinuität der Erzählung etc.), ist transmediales Erzählen erklärungsbedürftig. Damit ist gemeint, eine Geschichte über mehrere mediale Plattformen zu erzählen, so dass jedes Medium einen Beitrag zur Geschichte leistet. So kann ein Teil einer Geschichte in einem YouTube-Video, ein weiterer in einem Comic und noch ein weiterer in einem Blog erzählt werden, etwa aus unterschiedlichen Perspektiven. Komplexe Themen lassen sich auf diese Weise sehr gut vermitteln.
Der hier angebotene Workshop ist zweigeteilt: Wir beginnen morgens mit einer knappen Einführung in die Erzählformen und dann erarbeiten wir gemeinsam ein Konzept für eine kleine serielle transmediale Geschichte. Diese wird unmittelbar an Erfahrungen der Teilnehmer anknüpfen. Im zweiten Workshop am Nachmittag wird auf der Basis des erarbeiteten Konzeptes mit einfach zu bedienenden Smartphone-Applikationen eine kleine transmediale Geschichte produziert.
Zielgruppe: junge Erwachsene mit Interesse am Einsatz digitaler Medien
Fotos zum Workshop:
Dialogisches Erzählen – dialogische Kunst
Referent:
Dr. Joachim Borner, Sprecher des PN Medien und Leiter des CCCLab (Climate Culture Comunication Lab) des KMGNE
„Community Art“ – so heißt das in Irland, England und Australien – ist ein gemeinsames, ein dialogisches Kunstprojekt. Mit dieser kreativen Methode werden gesellschaftliche, große oder lokale Themen und Herausforderungen in Bildern, Symbolen, Collagen dargestellt – also anders als in den typischen Flyern, in denen meistens viel Text und oft unpassende Fotos zu finden sind.
Wir arbeiten im Workshop mit Fotos und nutzen dazu Polaroid und Smartphone. (Man kann auch „Internet-Kunst“ machen – als virtuelle Gemeinschaft oder eine Theaterinszenierung – aber wir nehmen Fotos.)
Wie wir die Fotos inszenieren, wie wir sie „stellen“, auswählen, zu Bildreihen zusammensetzen und wie wir sie kommentieren – mit Texten oder Grafiken, Zeichnungen oder Comics – entscheidet darüber, was für eine Geschichte entsteht, welche Botschaft in dieser steckt und wen wir damit erreichen wollen. Wir erzählen im Workshop eine Fotogeschichte und werden üben, dass die Idee unserer Geschichte auch bei den Geschichtenbetrachtern so ankommt, wie wir es uns dachten.
Zielgruppe: Schüler, Multiplikatoren, Lehrerinnen und Lehrer
Kommentar Joachim Borner:
Die Form konkreter Zukunftserzählungen mittels der „comunity art“ hat großen Anklang gefunden. Es war eine kleine Übung für Fähigkeiten zum Transformationsdesign. Gut war, dass die Teilnehmenden ein fertiges Projekt (ein Poster mit der Erzählung / Bild-Collage und Text) mit nach Hause nehmen konnten.
Fotos zum Workshop:
„Algorithmen für eine bessere Welt?“
Referent:
Dr. Marco Fileccia, NUA NRW
Sie werden beworben als „Apps für Öko-Freunde“ (Wirtschaftswoche), als „Öko-Apps für einen nachhaltigen Lifestyle“ (Die Welt und Bild) oder auch „Apps für nachhaltigen Einkauf“ (Der Spiegel) und es gibt sie mittlerweile massenhaft: Apps zum Thema Nachhaltigkeit. Darunter sind Rechner für den Ökologischen Fußabdruck („CO2-Footprint“ oder „Get Neutral“), zum Energiesparen („EnergieCheck„) und für wöchentliche Herausforderungen, die es zu bestehen gilt (wie in „Eco Challenge„). Ganz praktisch wird es mit Hilfen, die Bio-Läden finden lassen und Öko-Produkte identifizieren helfen („Such dich grün“), den Fisch-Einkauf nachhaltiger werden lassen („WWF-Fischratgeber“), die Verschwendung von Lebensmittel vermeiden lassen („Zu gut für die Tonne“ oder „Food Loop„) oder auf saisonale Produkte hinweisen („Erntefrisch“). Die Apps „FairFashion“ und „Change your shoes“ schauen den Herstellern von Kleidung kritisch auf die Finger, und der „NABU Siegel-Check“ tut genau das und bringt Durchblick in der Siegelflut, „ToxFox“ in die der Zusatzstoffe in Kosmetika. Mit Smartphone lassen sich Autos privat verleihen („Tamyca – Take my Car“ oder „Drivy“) oder eine Mitfahrgelegenheit finden („mitfahrgelegenheit“). Es gibt kaum ein Thema zur Nachhaltigkeit, für die es nicht Software gibt, kein Aspekt der nicht in Algorithmen umgesetzt wurde.
Nach einer kurzen Einführung zur Medienwelt von Kindern und Jugendlichen werden wir in diesem Workshop ganz praktisch mit iPads arbeiten und einige der Apps zum Thema Nachhaltigkeit kennenlernen und ausprobieren. Dabei dürfen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gerne eigene Beispiele vorstellen. In einem zweiten Schritt werden wir gemeinsam überlegen und beispielhaft planen, wie solche Apps in der Bildungs- und Schularbeit genutzt werden können.
Zielgruppe: Lehrkräfte und Jugendliche mit Interesse am Einsatz digitaler Medien
Fotos aus dem Workshop:
Fazit
Das Partnernetzwerk Medien und die Natur- und Umweltschutzakademie NRW können auf eine gelungene Kooperation zurückblicken. Die NUA hatte die Veranstaltung hervorragend vorbereitet. In den Workshops wurde engagiert mitgearbeitet. Die Resonanz unter den Teilnehmern und den Dozenten in der Abschlussveranstaltung war überwiegend positiv. Geäußerte Kritik war konstruktiv.
Auf verschiedenen Wandzeitungen hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zuvor ihre Erwartungen notiert. Diese zielten vor allem auf das Erlernen konkreter medientechnischer Fertigkeiten zur besseren Visualisierung von BNE – auch im Zusammenhang eigener Bildungsprojekte. Die Rückmeldungen während der Veranstaltung und eine zusätzliche Fragebogen-Auswertung zeigten, dass diese Erwartungen großenteils erfüllt werden konnten. Betont wurde insbesondere, neue Anregungen für die eigene Bildungspraxis erhalten zu haben, neue mediale Zugänge entdecken zu können und die konstruktive Zusammenarbeit mit anderen. Eine gute Erfahrung war die Kombination von Schülern und Erwachsenen in den verschiedenen Workshops: Der gegenseitige Austausch zwischen jungen „digital natives“ und Experten der Nachhaltigkeit auf gleicher Augenhöhe war sehr befruchtend.
Bemängelt wurde allerdings auch, dass im Rahmen einer Tagesveranstaltung zu wenig Raum für das eigene praktische Erproben zur Verfügung stand – aber ebenso die teilweise unzureichende technische Ausstattung (mit Laptops, Kameras). Kritik wurde vor allem am stockenden Internetzugang geäußert. In der Tat: Es traten typische Internet- und WLAN Probleme auf, die das Arbeiten mit Online-Plattformen und -Tools zeitweise unmöglich machten. Es muss ganz deutlich gesagt werden, dass die Infrastruktur des Internets seinem technologischen Anspruch hierzulande immer noch hinterher hinkt – und gerade Bildungseinrichtungen sind davon besonders betroffen. Davon ausgehend sei an dieser Stelle ein Appell geäußert: Wenn in Zukunft mit digitalen Bildungslandschaften gearbeitet werden soll – in Schule, Hochschule und auch in der außerschulischen Bildung – dann ist eine entsprechende Internetversorgung zu gewährleisten.
Verbessert werden soll für zukünftige Veranstaltungen dieser Art auch die zeitliche Gestaltung der Workshops. Für das praktische Arbeiten der Teilnehmer war vielfach zu wenig Zeit. In Zukunft sollten die Workshops so organisiert sein, dass die Teilnehmer ihre praktischen Arbeiten mit Produkten abschließen können. Nur so wird auch deutlich, welche enormen Möglichkeiten die Arbeit mit digitalen Medien in der Bildung bietet.
Resümierend bleibt somit festzuhalten, dass – wenn die zeitlichen und medientechnischen Voraussetzungen stimmen – die gezielte Nutzung von (nicht nur) digitalen Medien der Bildung für Nachhaltige Entwicklung neue Impulse und größere Reichweite und Wirksamkeit verleihen kann. Gerade angesichts der immensen sozialen und ökologischen Herausforderungen kommt es darauf an, neue (mediale) Erzählformen für nachhaltige Entwicklungsprozesse zu kreieren, die konkrete Denk- und Handlungsperspektiven aufzeigen. Sowohl von den Teilnehmenden als auch vom PN Medien aus wurde daher die Absicht bestätigt, dieses Qualifikationsangebot für Lehrerinnen und Lehrer, für Schüler, Jugendliche und außerschulische Multiplikatoren auch bundesweit durchzuführen. Aus den Ländern Hessen, Berlin und MV sind dazu konkrete Signale gekommen (etwa Einbettung in die Lehrerfortbildung oder Anbindung an Jahreskonferenzen zur BNE u.a.).
Texte: Friedrich Hagedorn, Dr. Thomas Klei, Kilian Rüfer
Gestaltung: Dr. Thomas Klein
Fotos: Carla Schulte-Fischedick