Draufsicht: Fernsehen zum Selbermachen
Von Ettina Zach
„Worüber nicht berichtet wird, das findet nicht statt.“ Unter diesem Motto arbeitet die junge ehrenamtliche Redaktion der entwicklungspolitischen TV-Sendung Draufsicht unter der Leitung von SODI (Solidaritätsdienst International e.V.). Ein kritischer Blick in Presselandschaft, Rundfunk und Fernsehen zeigt, dass in den Mainstream- und Populär-Medien zu Nachhaltigkeit und globaler Gerechtigkeit keineswegs große Meinungsvielfalt herrscht. Daher war schnell klar: „Wir machen unsere eigenen Medien!“
Draufsicht ist ein junges Redaktionsteam, das entwicklungspolitische Themen in die Öffentlichkeit bringt. Mit der Unterstützung von SODI produzieren die jungen Erwachsenen die Sendung Draufsicht, mit der sie nach lokalen Antworten auf globale Fragen suchen. Begonnen hat alles 2010 mit der so genannten „TV-Werkstatt“, die von SODI initiiert wurde. Wissend um die Medienbegeisterung junger Menschen, lud SODI in diesem Format der aktiven Medienarbeit dazu ein, sich mit Themen der Nachhaltigkeit und globaler Gerechtigkeit auseinanderzusetzen und gemeinsam eigene Videos dazu zu produzieren. Die Begeisterung und der Andrang waren derart groß, dass schnell die Idee geboren war, eine „richtige Fernsehsendung“ zu gestalten, die regelmäßig auf ALEX Offener Kanal Berlin ausgestrahlt werden sollte. Gesagt, getan! Mittlerweile wird Draufsicht in der vierten Staffel produziert und ein Ende ist nicht absehbar. Alle acht Wochen produziert das junge Team die 15-minütige Sendung, die auf vier Offenen Kanälen in Deutschland und Österreich ausgestrahlt sowie auf YouTube (Kanal Draufsichtable) und in den Sender-Mediatheken verbreitet wird. 2013 wurde Draufsicht insgesamt über 250 Mal auf den Offenen Kanälen ausgestrahlt. Die Reichweite der Sendung ist mit über zwei Millionen potenziellen ZuschauerInnen dank der Empfangbarkeit über Kabelnetze, TV-Online-Streams, YouTube und Mediatheken enorm hoch.
Und die qualitative Wirkung für die Redaktionsmitglieder ist es ebenso: Gemeinsam lernen sie den Umgang mit Video-Technik und steigern ihre Medienkompetenz. Sie erfahren viel über die Produktion von Medien und die Umsetzung von Ideen. Sie produzieren in Eigenregie eine regelmäßig erscheinende, qualitativ hochwertige Fernsehsendung und agieren somit auch als MultiplikatorInnen des Globalen Lernens / Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), indem sie ihr Wissen an ein breites Publikum weitergeben. Alle haben Spaß an der Arbeit im Team und der gemeinsamen Auseinandersetzung zu ausgewählten Themen. Die Redaktionsmitglieder lernen bei der Produktion der Sendung viel über die Auswirkung unserer globalisierten Welt auf die eigene Lebensrealität. Sie treten in Austausch mit lokal und weltweit aktiven Vereinen, Initiativen und AktivistInnen. Während der Produktion der aktuellen Staffel konnte das Team beispielsweise die Menschenrechtspreisträgerin, Alice Nkom, aus Kamerun kennenlernen, die sich als Anwältin für die Rechte von Homosexuellen in ihrem Heimatland einsetzt. Die Redaktionsmitglieder erweitern ihr Wissen durch das Recherchieren, Analysieren und Diskutieren von entwicklungspolitischen Hintergründen, individuellen und gesellschaftlichen Handlungsmöglichkeiten. Ebenso festigen sie dieses Wissen durch die eigene Umsetzung in das Fernsehformat Draufsicht – Lernen durch Tun durch kognitive Auseinandersetzung, Reflexion, Ausprobieren und Umsetzen in Medien.
Mit Begeisterung widmet sich das Team einer breiten Themenpalette rund um Nachhaltigkeit und globale Gerechtigkeit. Im Mittelpunkt steht dabei immer die Relevanz des Themas für jede/n Einzelne/n und für den Raum Berlin: „Warum betrifft mich das denn überhaupt?“ Wie kann ich selbst aktiv werden? Welche Initiativen, Aktionen, Projekte gibt es im Raum Berlin?“ Das Themenspektrum reicht dabei von Critical Whiteness, Flüchtlingspolitik, nachhaltiger Nahrungsmittelversorgung, Rohstoffgerechtigkeit bis hin zu Wasser in Berlin und weltweit.
Das Team trifft sich meist alle zwei Wochen, um die Themen der Sendung zu diskutieren und den aktuellen Produktionsablauf zu besprechen. Die jungen Redaktionsmitglieder sind in der Regel Studierende, Auszubildende oder BerufsanfängerInnen, die sich für globale Zusammenhänge interessieren und Lust dazu haben, gemeinsam im Team zu recherchieren, Interviews zu führen, zu filmen und zu schneiden. Gearbeitet wird mal arbeitsteilig (AutorIn, InterviewerIn, Kameramensch, CutterIn…), mal als VJ (VideojournalistIn,– Ein-Mensch-Fernsehteam, der/die die verschiedenen Aufgaben vereint). Auch die Beitragsvielfalt ist groß: von Magazinbeitrag, Interview, Reportstück, Meinungsumfrage hin zum dokumentarischen Format. Mal wird im TV-Studio von ALEX gedreht, mal draußen im Freien an unterschiedlichen Orten, bei unterschiedlichsten Veranstaltungen oder Projekten.
Draufsicht richtet sich vor allem an junge ZuschauerInnen, die sich noch nicht mit den Themen der Sendung auseinandergesetzt haben, aber ein grundlegendes Interesse für globale Zusammenhänge mitbringen. Weil Draufsicht vor allem die Auswirkung von globalen Phänomenen auf lokaler Ebene aufzeigt, ist die Sendung insbesondere für Menschen, die in Berlin leben, interessant. Die behandelten Themen und Probleme sind in der Regel aber auf ganz Deutschland übertragbar und die einzelnen Folgen sind trotz ihrer Aktualität auch lange nach ihrem ersten Erscheinen noch relevant.Draufsicht möchte seinen ZuschauerInnen einen ersten Einstieg in Themen des Globalen Lernens / BNE ermöglichen und zugleich zu aktivem Handeln und Engagement anregen.
Draufsicht ist offen für neue Mitglieder. Auch Menschen, die die Öffentlichkeitsarbeit von Draufsicht unterstützen möchten oder Ideen zu Aktionen des Globalen Lernens / BNE haben, sind bei den regelmäßigen Treffen herzlich willkommen. Wer Lust hat Draufsicht persönlich kennen zu lernen, bei einer Redaktionssitzung dabei zu sein oder mitzumachen, meldet sich bei Daniel Weyand, Redaktionsleitung von Draufsicht (d.weyand@sodi.de, +49 (0) 30 920 90 93 12)
Ettina Zach (SODI)
Ettina Zach studierte in Wien Publizistik und Kommunikationswissenschaft. Ihre Diplomarbeit drehte sich um Globalisierungskritik, Öffentlichkeitsarbeit und Medienresonanz. Sie war für den Österreichischen Rundfunk, OKTO – Österreichs Community-Fernsehsender – und Jüdisches Theater Austria aktiv. Seit 2008 arbeitet sie bei SODI im Bereich Bildungsarbeit – Globales Lernen.