Klimakunst als Kommunikationsmittel? CLIMART

Ein Projekt, das Potenziale und Grenzen auslotet

Von Christian A. Klöckner, Norwegian University of Science and Technology

Einleitung

Globale Umweltprobleme wie der weltweite Klimawandel machen es nicht nur notwendig, dass politische und wirtschaftliche Veränderungsprozesse eingeleitet werden, sondern erfordern auch das Engagement und den Veränderungswillen von breiten Schichten der Bevölkerung. Eine psychologisch untermauerte Umweltkommunikation nimmst sich seit mehreren Jahrzehnten dieses Themas an, und die empirischen Erfahrungen der vergangenen Dekaden zeigen, dass mit umweltpsychologischen Interventionen durchaus Verhaltensänderungen in Teilen der Bevölkerung zu erzielen sind (Abrahamse, Steg, Vlek, & Rothengatter, 2005; Steg, van den Berg, & de Groot, 2012). Die Erfahrungen zeigen aber auch, dass es Teile der Bevölkerung gibt – für gewöhnlich die, denen Umweltfragen weniger nahe liegen – bei denen umweltpsychologische Interventionen keine nennenswerten Effekte zeigen (Abrahamse, Steg, Vlek, & Rothengatter, 2007), insbesondere, wenn sich die Vermittlungsstrategien auf die Vermittlung von Problemwissen beschränken.

Für viele Menschen ist es ganz offensichtlich nicht genug, über Umweltprobleme, den individuellen Anteil, den diese Menschen dazu beitragen, und Lösungsmöglichkeiten zu informieren. Gerade relativ abstrakte und globale Herausforderungen wie der Klimawandel zeichnen sich dadurch aus, dass größere Gruppen offensichtlich keine akuten Anreize verspüren, ihr Verhalten zu verändern, selbst wenn die desaströsen Folgen nicht nur für kommende, sondern bereits für lebende Generationen immer deutlicher werden. Die Gründe hierfür liegen zum einen in der bereits angesprochenen abstrakten „Natur“ des Umweltproblems Klimawandel (Klöckner, 2011). Ursache und Effekte sind sowohl zeitlich als auch geografisch entkoppelt; die Hauptverursacher des Klimawandels in den westlichen Industrieländern werden nicht die Hauptleidtragenden sein; Klimagasemissionen in der Vergangenheit werden noch Jahrzehnte in der Zukunft Effekte haben, selbst wenn es gelänge, den Ausstoß unmittelbar drastisch zu senken. Zudem ist das Klimasystem komplex und nicht-linear, beides Eigenschaften, die es Menschen schwer machen, Zusammenhänge zu verstehen (Klöckner, 2011).

Auf der anderen Seite ist die Klimadebatte weitgehend durch kognitive Wissensvermittlung geprägt, die wenig dazu geeignet sind, Menschen emotional zu engagieren (Weber, 2006). Gerade eine emotionale Bindung zu einem Problem ist jedoch aus psychologischer Sicht notwendig, um zu einer Verhaltensänderung zu motivieren. Dazu sind persönliche Erfahrungen besser geeignet als – stark kognitiv geprägte – Wissensvermittlung. Dieser kurze Beitrag schlägt einen Zugang über Kunst vor, um dieses Problem zu lösen. Zunehmend mehr Künstlerinnen und Künstler aus verschiedenen Kunstformen und Erdteilen greifen das Thema „Klimawandel“ in ihrer Kunst auf, ein Beispiel ist das Kollektiv Cape Farewell aus England, welches weltweit aktiv ist und Künstler, Klimaforscher und Journalisten zusammenbringt, um gemeinsam das Thema Klimawandel zu bearbeiten (Buckland, 2012). CLIMART, ein im Herbst 2014 startendes, internationales und transdisziplinäres Forschungsprojekt, hat nun zum Ziel, die psychologischen Effekte solcher Klimakunst eingehend zu untersuchen.

CLIMART – ein transdisziplinäres Projekt

Das Projekt CLIMART ist ein vierjähriges Forschungsprojekt, das im Herbst 2014 startet und vom Norwegischen Forschungsrat (Norwegian Research Council) gefördert wird. In einem interdisziplinären Team werden Psychologen (Projektleiter Prof. Christian A. Klöckner, Norwegian University of Science and Technology, Prof. Janet Swim, Pensilvania State University, und Prof. Paul C. Stern, National Academy of Science), Künstler (Projektleiterin Sam Jury, Videokünstlerin, und David Buckland, Cape Farewell), Klima- und Umweltwissenschaftler (Prof. Edgar Hertwich, Norwegian University of Science and Technology, und Prof. Peter Huybers, Harvard University), sowie Klimajournalisten und -kommunikatoren (Eli Kintisch, Science Magazine, und Dr. Joachim Borner, Kolleg für Management und Gestaltung nachhaltiger Entwicklung) zusammenarbeiten, um mit qualitativen und quantitativen Methoden die Effekte von verschiedenen auf visueller Kunst basierenden Projekten auf breite Bevölkerungsschichten systematisch zu erforschen, in einen Dialog mit Kunstschaffenden zu treten und gemeinsam Kunstwerke zu schaffen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die gewünschten positiven Effekte bei ihren Betrachtern auslösen. Aus diesem Grund ist ein wichtiger Bestandteil des Projektes neben den Stipendien für zwei bis drei Doktoranden auch ein Stipendium für einen Künstler oder eine Künstlerin in der dritten Projektphase, der oder die im engen Dialog mit dem wissenschaftlichen Team arbeiten wird. Dem Projekt liegt ein in den vergangenen Jahren zunehmend etabliertes Handlungsphasenmodell als theoretischer Rahmen zugrunde, das im folgenden Abschnitt näher vorgestellt wird, bevor die Struktur und Methodik des CLIMART Forschungsprojektes im folgenden Abschnitt erläutert wird.

Ein psychologisches Handlungsphasenmodell als Grundlage

In der umweltpsychologischen Forschung lag der Fokus der letzten Jahrzehnte darauf, Einflussfaktoren auf umweltrelevantes Verhalten zu identifizieren und daraus abgeleitet Interventionsstrategien zu entwickeln und zu testen (Steg et al., 2012). Selbst wenn diese Verhaltensmodelle und Interventionsstrategien einige erfolgreiche Anwendungen vorzuweisen haben, so reifte doch letztendlich die Erkenntnis, dass Veränderungsprozesse komplexer sind, als die verwendeten Modelle abzubilden vermochten. Daher entwickelte Bamberg ein auf gesundheitspsychologischen Modellen basierendes Handlungsphasenmodell (Bamberg, 2007, 2012, 2013a, 2013b), das in der Lage ist, Entscheidungsprozesse dynamischer zu beschreiben als die gängigen Modelle in der Umweltpsychologie und vor allem Veränderungen in emotionalen und kognitiven Prozessen aufzufangen, bevor sie sich im Verhalten ausdrücken. Dieses Modell erscheint attraktiv als Rahmenmodell für das CLIMART– Projekt, da es einige Anknüpfungspunkte für mögliche Wirkmechanismen beschreibt, wie Klimakunst zu einer Veränderung von Verhalten beitragen könnte.

Die wichtigste Grundannahme des Modells ist es, dass Verhaltensänderung ein Prozess mit mehreren Teilschritten ist. In jedem Teilschritt müssen spezifische Fragen beantwortet werden, und der Übergang in die nächste Phase ist gekennzeichnet durch die Ausformung spezifischer Intentionen, wie im Folgenden dargestellt wird.

Vorentscheidungsphase (Predecisional stage)

In dieser Phase befindet sich ein Großteil der Bevölkerung, was die meisten Umweltprobleme angeht. Gekennzeichnet ist diese Phase durch eine fehlende Einsicht in die Dringlichkeit des vorliegenden Problems, d.h. die Betroffenen sehen keinen Anlass zu handeln und sind mit ihrem Verhalten zufrieden. Der Moment, in dem diese Phase verlassen wird, ist, wenn sich eine genügend starke Zielintention bildet, also die Einsicht, dass ein Problem vorliegt, „etwas“ dagegen getan werden müsse und man den zunächst sehr abstrakten Vorsatz hat, das auch zu tun. Die entscheidende Frage, die in dieser Phase beantwortet werden muss, ist also, warum Anlass zu Veränderungen besteht. Empirisch zeigt sich, dass Variablen wie die „Bewusstheit der negativen Konsequenzen des eigenen Handelns“, die „Wahrnehmung der eigenen Verantwortlichkeit“, „antizipierte negative Emotionen bei Eintreten des Problems“, „antizipierte positive Emotionen bei Erreichen des Handlungsziels“, aber auch die „eingeschätzte Umsetzbarkeit der Verhaltensänderung“ und die „Sichtbarkeit sozialer Normen“ die Bildung einer solchen Zielintention unterstützen, d.h. Menschen raffen sich eher auf, nach Verhaltensalternativen zu suchen, wenn ihnen bewusst wird, dass es ein Problem gibt, welches etwas bedroht, das ihnen potenziell am Herzen liegt, dass sie selbst zu diesem Problem beitragen, aber auch die Möglichkeit haben, etwas dagegen zu tun, und wenn sie sehen, dass es anderen Menschen genauso geht. Dieser Impuls ist umso stärker, je deutlicher diese Erwägungen an emotionale Empfindungen gekoppelt sind.

Vorhandlungsphase (Preactional stage)

In der zweiten Phase, wenn die Frage, warum man etwas tun muss, nicht mehr primär aktuell ist, muss die Frage beantwortet werden, was denn nun getan werden kann. Nun wird also aus verschiedenen Alternativen das Verhalten ausgewählt, das aus Sicht der Person am ehesten zielführend, aber gleichzeitig leicht genug durchführbar ist. Hier werden Einstellungen zu den verschiedenen Handlungsalternativen, aber auch die wahrgenommene Kontrolle über deren Ausführbarkeit und die zur Verfügung stehenden Fähigkeiten gegeneinander abgewogen. Am Ende dieses Prozesses steht die Ausformung einer Verhaltensintention, also der Beschluss, eine (oder mehrere) konkrete Verhaltensweisen zu verändern.

Handlungsphase (Actional stage)

In der dritten Phase wird die Umsetzung der Verhaltensänderung konkret geplant, wobei die konkreten Planungsfähigkeiten der Person, die Fähigkeit mit Hindernissen auf dem Weg umzugehen und die Wahrnehmung der eigenen Standhaftigkeit wichtige Faktoren werden. Hier ist also die entscheidende Frage, wie die Verhaltensänderung denn nun konkret im Alltag umgesetzt werden kann und wie man mit Rückschlägen und Hindernissen umgeht. Den Übergang in die letzte Phase stellt die Implementierungsintention vor, die einen sehr konkreten Vorsatz enthält, in einer bestimmten Situation zu einem definierten Zeitpunkt ein Verhalten auszuführen.

Posthandlungsphase (Postactional stage)

In der letzten Phase gilt es, mit dem möglichen Rückfall in alte Verhaltensweisen umzugehen. Die entscheidende Frage hier ist, wie ich es schaffen kann, die Verhaltensänderung auch dauerhaft beizubehalten. Die individuelle Fähigkeit, mit Rückfällen umzugehen, ist hierbei eine wichtige Variable.

Die Phasen in diesem Modell sind dabei keineswegs als ein linear zu durchlaufender Prozess zu sehen, vielmehr ist zu erwarten, dass ein Oszillieren zwischen den Phasen stattfindet und der Prozess sowohl vorwärts als auch rückwärts, sowie in Schleifen verläuft. Eine Studie, die das Modell auf die Kaufentscheidung für ein Elektroauto anwendet, zeigt genau diesen Verlauf (Klöckner, 2014).

Für die Analyse der Effekte von Klimakunst erscheint das vorgestellte Modell vor allem deshalb attraktiv, weil es auch Effekte zeigen kann, die nicht unmittelbar in Verhaltensveränderung umgesetzt werden. So ist zu erwarten, dass Konfrontation mit Klimakunst ein Problembewusstsein schafft und gegebenenfalls auch die wahrgenommene eigene Verantwortlichkeit erhöht. Die eigentliche Stärke einer Auseinandersetzung mit einem künstlerischen Zugang zum Thema liegt allerdings in der stärkeren emotionalen Reaktion, die Kunst erreichen kann, ist der emotionale Faktor doch vor allem in der ersten Phase des Modells sehr wichtig. Wenn Kunst somit den Übergang von Phase eins in Phase zwei wahrscheinlicher machen kann, könnten damit Menschen erreicht werden, die für gewöhnliche Informationskampagnen nicht erreichbar sind, weil sie schlicht die Notwendigkeit zum Handeln nicht erkennen und keine emotionale Bindung zum Thema entwickeln. Im Umkehrschluss bedeutet das Modell allerdings auch, dass Klimakunst alleine nicht ausreichen wird, um Menschen den ganzen Weg durch die verschiedenen Phasen zu tragen. Hier muss ein künstlerischer Zugang mit anderen Techniken kombiniert werden, die dafür Sorge tragen, auch die Übergänge in verhaltensnähere Phasen zu begünstigen.

Methodisches Vorgehen

Die CLIMART Studie hat drei Phasen, in denen auf verschiedenen Ebenen die Effekte von Konfrontation mit klimawandelbezogener Kunst erforscht werden. In der ersten Projektphase werden weltweit Beispiele von klimabezogener Kunst und möglicherweise bereits durchgeführter Evaluationen gesammelt und strukturiert aufbereitet.

In Phase zwei in 2015 werden eine große Ausstellung, bzw. ein großes Event in Regie von Cape Farewell zur Forschungsarena und Besucherinnen und Besucher mit einer Mischung aus qualitativen Methoden (begleitende Interviews, lautes Denken), quantitativen Methoden (Fragebögen) und Eye-tracking (parallel und in Kombination mit den qualitativen Techniken) erforscht. Wenn möglich werden auch verdeckte Verhaltensbeobachtungen durchgeführt, die erste Verhaltenseffekte der Konfrontation mit Klimakunst aufdecken könnten. Parallel dazu werden in den 2015 stattfindenden Summer Schools for Climate Communication der KMGNE (Climate Culture Communication Labs) erste vorläufige Erkenntnisse des Projektes vermittelt und in den Prozess der Erstellung neuer kreativer Kommunikationsmedien gegeben, die dann anschließend systematisch mit wiederum einem Mix aus qualitativen, quantitativen und eye-tracking Methoden strukturiert analysiert werden.

In der dritten Phase ab 2016 werden die Resultate dieses Forschungsprozesses in die neuen Ausgaben des Climate Culture Communication Labs zurückgespielt und ein Stipendium für einen Künstler oder eine Künstlerin vergeben, die im Dialog mit dem Forschungsteam ein Kunstprojekt für einen öffentlichen Raum in Norwegen erstellt, das dann ebenfalls zum Gegenstand der Evaluierungsforschung wird.

Das gesamte Projekt wird folglich im Dialog zwischen Forschung, Kunst und Kommunikation iterativ zu Erkenntnissen gelangen, unter welchen Umständen Klimakunst einen positiven, motivierenden Effekt haben kann, und wie dieser Effekt psychologisch vermittelt wird.

Einige vorläufige Ergebnisse aus einer Vorstudie

Im Frühjahr 2013 wurde mit Förderung des Norwegischen Forschungsrates ein Vorprojekt für die CLIMART Studie durchgeführt. Gemeinsam mit Studierenden eines Projektseminars an der Norwegian University of Science and Technology und der Videokünstlerin Sam Jury wurden vier visuelle Kunstprojekte mit Umweltbezug erstellt (drei videobasiert, eine Skulptur), die anschließend auf dem internationalen Filmfestival Kosmorama 2013 in Trondheim gezeigt wurden. Das erste Projekt war eine Skulptur in der Tradition von Künstlern wie Tim Noble oder Sue Webster aus kinotypischem Müll, die bei erstem Betrachten aussah wie ein großer, unstrukturierter Haufen Abfall. Näherte sich ein Betrachter, um zu erfahren, warum so viel Müll auf dem Filmfestival herumlag, schaltete sich ein per Bewegungsmelder gesteuerter Scheinwerfer ein, der zeigte, dass der Schatten des vermeintlich unstrukturierten Haufens die Skyline von Trondheim mit charakteristischen Gebäuden darstellte. Ein zweites Projekt zeigte ein Videoloop von mit einer Hochgeschwindigkeitskamera gefilmten fallenden (künstlichen) Schmetterlingsflügeln bedrohter norwegischer Arten, verbunden mit dem Slogan „Hope to see these this summer?“ Dieser abstrakte Kurzfilm wurde in verschiedenen Versionen auf dem Festival, und zeitgleich in einer Galerie, der öffentlichen Bücherei und auf einem riesigen Videowürfel auf einem der Signalgebäude in Trondheim gezeigt (Butterflies trash text, Butterflys frameless, Butterflies white vortex new). Das dritte Projektteam erstellte einen humorvollen Kurzfilm über zwei junge Männer, die sich beide auf dem Weg befinden, mit ihrer Freundin das Filmfestival zu besuchen. Während der eine die „richtigen“ Entscheidungen für die Umwelt trifft, verhält sich der andere umweltschädigend und wird prompt für dieses Missverhalten bestraft, indem er nicht rechtzeitig das Kino erreicht und seine Partnerin wütend nach Hause geht (Environmental Karma by T Warriors). Dieser Film wurde als Vorfilm vor einigen Filmen des Festivalprogramms gezeigt. Der letzte Kurzfilm visualisiert die Menge von Essensabfall, die im Alltag entsteht. Dieser Film wurde als Loop auf einer kleinen Leinwand, die in einer gewöhnlichen Haushaltsabfalltonne installiert war, während des Festivals gezeigt (Food Waste Final).

Während des Festivals wurden mehr als 400 Besucherinnen und Besucher mit einem Fragebogen befragt, ob sie die Kunstwerke bemerkt hatten und für wie wichtig sie es hielten, dass bestimmte gesellschaftliche Probleme, darunter auch umwelt- und klimarelevante Probleme, Priorität bekommen. Es zeigten sich zwei interessante Befunde: (1) die Kunstwerke wurden – obschon teilweise sehr prominent platziert – von vielen Besuchern nicht bemerkt. (2) Bei denjenigen, die die Kunstwerke bemerkt hatten, war vor allem bei dann ein positiver Effekt auf die wahrgenommene Wichtigkeit von Umweltfragen zu verzeichnen, wenn ihnen Umweltwerte generell nicht so stark am Herzen lagen, folglich eine Gruppe, die für andere Kommunikationsformen schwer erreichbar ist.

Nach dem Festival wurden weiterhin qualitative Interviews mit 12 Besucherinnen und Besuchern durchgeführt, in denen im Detail über alle vier Objekte reflektiert wurde. Die Befragten sollten vor allem über die emotionalen Reaktionen, aber auch über ihre Assoziationen und Handlungsimpulse berichten. In diesen Interviews zeigten sich wiederum interessante Effekte, die in die Formulierung der folgenden vorläufigen Empfehlungen zur Gestaltung von Klimakunstwerken mündeten:

  1. Es empfiehlt sich, (visuelle) Medien zu nutzen, die Menschen gewöhnlich nutzen, für viele Menschen ist dies das Medium Film.
  2. Es lohnt sich, mehrere Sinne anzusprechen.
  3. Das Objekt sollte ein Überraschungsmoment enthalten, um einen Moment des Innehaltens und der Reflektion zu erzeugen. Dabei ist es aber wichtig, diese unerwartete Empfindung in einem komfortablen Kontext zu präsentieren.
  4. Kunst sollte die Mauern der Kunstgalerien verlassen, um Menschen in ihrem Alltag zu berühren. Dies erweitert die Zielgruppe über Kunstinteressierte hinaus, welche vermutlich ohnehin bereits eher umweltengagiert sind.
  5. Die Kunstwerke sollten Identifikationspunkte bieten, also bekannte Elemente zeigen oder zitieren, zu denen Menschen bereits eine Beziehung haben.
  6. Die Kunstwerke sollten Emotion wecken, aber auch darauf achten, diese Emotionen in konkrete lösungsorientierte Handlungen abzuleiten, sonst droht ein Verschieben der Verantwortung auf andere.
  7. Verantwortungsabwehr ist generell das größte Problem. Viele Betrachter reagieren zwar emotional auf die Kunstwerke, bewältigen diese Emotionen aber damit, sich selbst von der Verantwortung freizusprechen.
  8. Humor kann in manchen Zielgruppen eine positive Wirkung haben, birgt aber auch die Gefahr das Thema zu trivialisieren.
  9. Möglicherweise brauchen (Teile des) Publikums eine Hilfestellung, um die Kunstwerke zu interpretieren. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, wie diese Hilfestellung gegeben werden kann, beispielsweise durch Texte, die das Kunstwerk begleiten.
  10. Es lohnt sich weiterhin, das Kunstwerk zusammen mit der Zielgruppe zu entwickeln und seine Wirkung auszuprobieren. Oft kommt es zu unerwarteten Alternativinterpretationen oder Nebeneffekten.

Abschließende Gedanken

Dieses Kapitel wurde zu einem Zeitpunkt verfasst, als das CLIMART Projekt noch gar nicht gestartet war, d.h. empirische Erkenntnisse im Projekt liegen noch nicht vor. Alles, was in den vorangehenden Abschnitten dargestellt wurde, ist also wenig mehr als – fachlich begründete – Spekulation. Das Projekt ist durch seinen innovativen Forschungszugang ein Hochrisikoprojekt, kann es doch sein, dass sich im Verlauf herausstellt, dass Klimakunst keine nennenswerten Effekte erzielt, dass die Effekte mit den Methoden des Projektes nicht erfassbar sind, oder dass die Effekte schnell wieder verfliegen. Warum also sich mit diesem Thema überhaupt schon jetzt befassen? Weil das Projekt nicht nur ein hohes Risiko trägt, sondern auch eine große Chance darstellt. Wenn es gelingt Wirkmechanismen zu zeigen, Stolpersteine zu identifizieren, Wege der Kommunikation zwischen Klimaforschung, Kunst und Psychologie zu entwickeln, könnten sich einige der so dringend benötigten neuen Kommunikationskanäle zeigen. Aus meiner Sicht ist es spannend, sich diesen Gedanken hinzugeben und in diesem Sinne sehe ich mit Freude einem spannenden Projekt entgegen.

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Christian Klöckner (NTNU Trondheim)

Christian Klöckner ist Umweltpsychologe und Professor für psychologische Forschungsmethoden an der Universität in Trondheim. Er promovierte an der Ruhr-Universität Bochum zum Einfluss von Gewohnheiten auf Umweltverhalten. Seine aktuellen Forschungsinteressen liegen in Einflussfaktoren auf umweltrelevantes Verhalten, insbesondere die Interaktion zwischen strukturellen und psychologischen Faktoren, innovativen Kommunikationsmöglichkeiten für Umweltprobleme und Elektromobilität.

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