Was halte ich von Nachhaltigkeitskommunikation

Offensichtlich gehen wir in der AG Medien von der gemeinsamen Analyse aus, dass die globale menschliche Gesellschaft am /im Kipp-punkt steckt und die Anstrengungen, dieses aufzuhalten immer größer (und unmöglicher) werden müssen, je länger gewartet wird.

Dem stemmen wir uns mit Kommunikation entgegen! Vor allem ist das aber bislang eine Kommunikation ÜBER den Klimawandel, Nachhaltigkeit etc. selten FÜR. Anders ausgedrückt: Wir informieren und kommunizieren immer detaillierter über die wahrscheinlichen Symptome von Klimafolgen im Natursystem und seinen unmittelbar betroffenen Kultursystemen – wie der Ernährungssouveränität, der Agrodiversität u.a.. Im Schulterschluss haben in den letzten Jahren die Wissenschaften und Medien erfolgreich Symptome und Syndrome der ökologischen Veränderungen durch den menschlichen Metabolismus erklären und vermitteln können. Aber der Prozess, der dahinter liegt, mit seinen unscheinbaren bzw. radikalen tipping points oder mit der Entmachtung traditioneller Gewissheiten – dem fehlt die Kommunikation (und auch die Wissenschaft), die die gesellschaftliche Transformationen proaktiv begleitet.

ÜBER oder FÜR nachhaltige Entwicklung kommunizieren?

Während wir ÜBER den Klimawandel, Ressourcenverknappung, Nachhaltigkeit kommunizieren, wird gehandelt, ohne das FÜR ausbuchstabiert zu haben. „FÜR“ meint die Entwicklung individueller und institutioneller „transformative literacy“ – also Transformationskompetenz!

Wenn sie nicht Thema ist, entsteht nicht das, was der WBGU mit Weltbürgerbewegung meint (Empowerment und Netzwerkbildung) ! „Wayfinding through orientation“ ist nicht nur ein technologisches Schlüsselwort für GP-Systeme. Es ist die Forderung nach transdisziplinär arbeitendem, kontroversem, öffentlich-wissenschaftlichem und intervenierendem Denken – über entsprechend befähigte Institutionen der Kommunikation!!

Parallel zu der Kommunikation ÜBER und FÜR die Transformation zu einer Klimakultur und einem nachhaltigen Entwicklungsparadigma – so wie wir das eben beschrieben haben – agiert in der Öffentlichkeit eine starke Mannschaft ebenfalls mit Konzepten der Nachhaltigkeitskommunikation:

„Bitte verpassen Sie nicht die Konferenz Sustainablity – Wege zum nachhaltigen Markenerfolg am 22.04.15 in Köln und legen Sie eine Gedenkminute zum Jahrestag von Fukushima ein. Es gibt noch viel zu tun auf dem Weg zur Energiewende.“
(newsletter@forum-csr.net, 11.3.15)

Es ist die CSR-Community mit den betriebswirtschaftlichen Marketinginstrumenten die immer sagen: „Wir sind schon nachhaltig! (Entwarnung!); Wir sind kompetent –übergeben Sie uns die Zukunft“. Diese Initiativen kommunizieren ZU nachhaltiger Entwicklung, liefern Rezepte und Vorschläge zur Problemlösung mit dem Versprechen, dass sich nichts Wesentliches im alltagskulturellen Lebensstil ändern wird.

Definitionsmacht über Nachhaltigkeitskommunikation

Also sind wir – ob wir wollen oder nicht – mitten in der Auseinandersetzung um die Definitionsmacht über Nachhaltigkeitskommunikation. Das korrespondiert mit der Anstrengung, sich in Kommunikationsprozessen über die Kompetenzen zu verständigen, die existenziell notwendig sind, um die anstehenden Transformationen proaktiv zu gestalten.

Denn dünn sieht es bei dem aus, was mit Ausprägungen von „transformative literacy“ in gesellschaftlichen Lernprozessen zur Energiewende, zur Klimaanpassung, zur Ernährung u.a., d.h. auch in Bewegungen mündiger Bürger gedacht wird. Didaktisch neue, kollaborative Suchansätze in Lernarrangements realer Transformationen (Reallabore) gibt es in nur wenigen und isolierten Ausnahmen. (Darin ist Kommunikation die entsprechende Form des Lernens von Individuen und Organisationen.)

Was also ist Kommunikation im Konzept der „transformative literacy“?

Sagt es mir – ist eine Frage in einem Musikclip mecklenburgischer Jugendlicher. Ich frage mich das auch.

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