Ausstellungen als Erlebniswelten
Welche Rolle spielen Ausstellungen in der Nachhaltigkeitskommunikation? Signatur – Wissen erleben hat sich auf Ausstellungen und Erlebnispfade im Umweltbereich spezialisiert, von der Konzeption bis zur Umsetzung. Kilian Rüfer hat mit dem Geschäftsführer Johann Janssen und dem Ausstellungsmacher Dr. Kai Christiansen gesprochen.
Sie beschreiben Ihre Arbeit mit signatur als „Umweltkommunikation“. Sehen Sie das als Teilaspekt von Nachhaltigkeitskommunikation?
Kai Christiansen: Ja, das ist richtig. Sicher haben die Themen unserer Ausstellungen und auch unserer Erlebnispfade stets einen spezifischen Bezug zu Natur und Umwelt – sei es nun der Schutz eines bestimmten Moorgebiets, die Renaturierung eines Flussabschnitts oder die Eigenschaften des Ökosystems Wattenmeer – und sind damit ein Medium der klassischen Umweltkommunikation.
Aber natürlich ist die Umweltkommunikation längst in eine Kommunikation über das Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung eingegangen. Für Themen wie Klimawandel oder Biodiversität ist es ja beispielsweise gar nicht anders denkbar als diese so aufzubereiten, dass ökologische Problemstellungen mit den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Dimensionen der Nachhaltigkeit verbunden werden.
Mittlerweile geht es in unseren Ausstellungen fast immer auch um individuelle und gesellschaftliche Werte, um zukunftsfähige Lebensstile oder um Gerechtigkeitsfragen – kurz: um Fragen, wie wir in Zukunft leben wollen. Ein großes Thema ist derzeit Nachhaltiger Konsum. Die Ausstellung „KonsumKompass“ zum Beispiel richtet sich vor allem an Jugendliche. Anhand von verschiedenen Bedürfnisfeldern wie Haushalt und Wohnen, Bekleidung, Tourismus und Freizeit, Arbeiten und Green IT lernen die Jugendlichen verschiedene Möglichkeiten eines nachhaltigen Konsums kennen. Ein anderes Beispiel: In der Ausstellung zum UNESCO-Biosphärenreservat Spreewald zeigen wir, wie sich der Schutz von Natur und Umwelt mit nachhaltigem Wirtschaften vereinbaren lässt, wie Naturschutz und Tourismus Hand in Hand gehen, welche Rolle die Akteure vor Ort bei der Umsetzung des Leitbildes „Nachhaltigkeit“ spielen und wie die Kultur der Sorben/Wenden in der Region verankert ist. Die Ausstellung ist ein schönes Beispiel dafür, wie Bildung für nachhaltige Entwicklung mit Bildern, Geschichten und damit Leben gefüllt werden kann.
Welche Label helfen bei Kaufentscheidungen? Wanderausstellung „KonsumKompass“. © signatur – wissen erleben
Wir wollen beispielsweise Menschen dafür gewinnen, ihr Verhalten in Richtung Nachhaltigkeit zu ändern. Was sind typische Ziele Ihrer Ausstellungen?
Kai Christiansen: Wie schon die vorigen Beispiele zeigen, ist es letztendlich auch unser Ziel, die Ausstellungsgäste dazu anzuregen, eigene Verhaltensmuster zu reflektieren und gegebenenfalls eine Verhaltensänderung im Sinne des Nachhaltigkeitsgedankens zu fördern.
Dafür gehen wir jeweils von konkreten Problemstellungen aus. Die Besucher können sich dann über alternative Handlungsoptionen informieren bzw. sich diese selbstständig erschließen und diese mit ihrem individuellen Verhalten, ihren Werten und Normen abgleichen. Dabei geht es vor allem um Fragen wie „In welchen Bereichen kann ich mich nachhaltiger verhalten, ohne mich allzu sehr einschränken zu müssen?“ und „Welche Wirkung hat es, wenn ich mich in einem bestimmten Bereich anders verhalte?“
Grundvoraussetzung dafür, sein Verhalten zu ändern, ist aber natürlich, Wissen zum Beispiel über Umweltproblematiken zu haben. Unser Ziel ist es daher vor allem auch, Informationen und Wissen zu vermitteln und die verschiedenen Besuchergruppen für die jeweilige Fragestellung zu sensibilisieren.
Handlungsfeld Mobilität: An Hörstationen berichten Vertreter/-innen unterschiedlicher Lebensstile darüber, mit welchem Verkehrsmittel sie mobil unterwegs sind. Wanderausstellung „KonsumKompass“. © signatur – wissen erleben
Was kann mit einer Ausstellung erreicht werden, das nicht über digitale und Printmedien oder Workshops erreicht werden kann?
Kai Christiansen: In einer Ausstellung können gleichzeitig ganz unterschiedliche Vermittlungsmedien zum Einsatz kommen. Neben den klassischen Medien wie Texte und Bilder gibt es hier multimediale Installationen, Experimentierstationen, Modellbauten, Filme und Hörstationen, Erlebnis- und Spielstationen, begehbare Szenerien und vieles mehr.
Ausstellungen können Lust wecken, neue Wege zu denken. Sie können dazu motivieren, Perspektiven zu wechseln und zumindest für die Zeit des Ausstellungsbesuchs alte Gewohnheiten durch neue Sichtweisen zu ersetzen. Sie bieten einen spielerischen Zugang zu komplexen Themen und Inhalten, wo sich Besucherinnen und Besucher, Jung und Alt, Menschen vom Fach oder Laien jeweils ihren eigenen Zugang zu den Inhalten wählen können. Daher werden Ausstellungen auch meist als Erlebniswelten konzipiert. Hier können wir dann in gestaltete Räume und Szenerien eintauchen, was mit einer hohen emotionalen Komponente verbunden ist. Emotionen zu schaffen ist ein ganz wesentlicher Ansatz, um die Menschen in Ausstellungen anzusprechen. Ein Exponat oder eine Szenerie, die Emotionen weckt, ermöglicht eine ganz andere Interaktion zwischen Exponat und Besucher, als es durch eine rein kognitive Wissensvermittlung möglich wäre.
Wie wirken Ausstellungen als Kommunikationsmittel?
Kai Christiansen: Setzen wir in Ausstellungen verschiedene Medien ein, dann sprechen wir bei den Besucherinnen und Besuchern gleichzeitig verschiedene Sinne an. Im Vokabular der Kommunikationstheorie erreichen die Informationen den Ausstellungsgast über verschiedene Eingangskanäle. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Kommunikationsprozess zwischen Sender und Empfänger erfolgreich verläuft, die Kommunikationsinhalte den Empfänger wirklich erreichen – und er vor allem die Bereitschaft entwickelt, sich auf die Inhalte einzulassen. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass es sich zumeist um einen linearen und einseitigen Kommunikationsprozess handelt. Die Ausstellungsgestalter senden Informationen aus und hoffen, dass diese den Besucher erreichen.
Ausstellungen sind ein Medium der Massenkommunikation – mit ihren Vor- und Nachteilen. Zu den Nachteilen kann man zählen, dass der Kommunikationsprozess weitgehend linear und einseitig ist. Letztendlich senden in Ausstellungen Experten Botschaften an Laien und hoffen, dass diese den Empfänger erreichen. Die Rückkopplung vom Empfänger zurück zum Sender ist – wenn überhaupt vorhanden – gering. Anschlusskommunikation findet quasi nicht statt. Begleitende Führungen oder Workshops können hier aber ansetzen und den Kommunikationsprozess fördern.
Zu den Vorteilen von Ausstellungen gehört dagegen, dass sie einen großen, oft sehr heterogenen Empfängerkreis haben. Sie sind sehr gut geeignet, um Themen innerhalb des öffentlichen Diskurses zu platzieren bzw. den Fokus auf ausgewählte Fragestellungen zu richten. Und wir haben natürlich die Möglichkeit, neue und breitere Zielgruppen für Nachhaltigkeitsthemen überhaupt zu interessieren.
Durch den erwähnten Mix aus unterschiedlichen Vermittlungsmedien und indem wir die emotionale Komponente mit berücksichtigen, können wir davon ausgehen, dass wir wesentliche Ziele einer Nachhaltigkeitskommunikation erreichen – also Interesse zu wecken und zu informieren, die Akzeptanz für Nachhaltigkeitsthemen zu steigern, eigene Werte und Normen zu hinterfragen sowie Handlungsoptionen aufzuzeigen.
Inwieweit wir mit Ausstellungen dann aber tatsächlich dazu beitragen, gewünschte Verhaltensänderungen zu erzeugen, das ist sehr schwer zu sagen. Verhalten oder Handeln ist ja stets durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt, die auf komplexe Weise untereinander einwirken. Dazu gehören neben Bildung und Wissensstand auch das soziale Umfeld, persönliche Werte und Erfahrungen etc. Im Übrigen zeigt das auch, wie komplex Umwelt- bzw. Nachhaltigkeitskommunikation ist.
Ausstellung als Erlebniswelt: Im Haus der Natur in Lübbenau, Spreewald, kann ich in die Natur des Spreewaldes eintauchen.
© signatur – wissen erleben
Mit welchen Themen wird wer wie erreicht?
Kai Christiansen: Das lässt sich schwer beantworten. Sicher gibt es Themen, die sich speziell an bestimmte Zielgruppen wenden. Eine Ausstellung zum Thema Bionik spricht vor allem Naturwissenschaftler, Ingenieure und interessierte Laien an. Im Nationalpark Wattenmeer oder im bereits erwähnten UNESCO-Biosphärenreservat Spreewald erreichen wir Einheimische und Touristen. Und die Ausstellung „KonsumKompass“ holt durch ihre Themenauswahl besonders Jugendliche ab.
Wichtig ist aber vor allem, dass sich den Ausstellungsbesuchern erschließt, welche Relevanz die jeweiligen Themen für ihr persönliches Leben haben – dass also die Frage beantwortet wird „Und was hat das mit mir zu tun?“ Setzen wir an konkreten, bestenfalls alltagsnahen Frage- und Problemstellungen an und machen die persönliche Alltags-Relevanz deutlich, dann können wir mit ganz unterschiedlichen Themen verschiedene Zielgruppen erreichen.
Forscherstation Dauerausstellung Moor- und Fehmuseum Elisabethfehn. © signatur – wissen erleben
Und welche Zielgruppen sind besonders offen für Ausstellungen?
Kai Christiansen: Auch das lässt sich allgemein nur schwer sagen – und hängt stark davon ab, um was für eine Ausstellung es sich handelt, ob der Erlebnischarakter und Anzahl interaktive Angebote zum Beispiel hoch oder eher gering ist. Kinder sind besonders neugierig und gehen ganz offen mit interaktiven Exponaten um – sie probieren aus, kurbeln und drehen. Bei älteren Menschen können wir beobachten, dass sie in dieser Hinsicht immer noch zögerlich sind. Das gilt ebenso für digitale Angebote. Die gehören halt besonders für Kinder und Jugendliche zu ihrer Lebenswelt und sie bewegen sich im Umfeld dieser digitalen Medien besonders souverän.
Auch der Standort ist entscheidend für einen Ausstellungsbesuch. In Urlaubsgebieten wie in den Nationalparkhäusern entlang des Wattenmeeres werden Ausstellungen zum Beispiel stark als Freizeitangebote wahrgenommen und sind beliebte Ausflugsziele. Dementsprechend finden sich hier viele Touristen und Familien. Der Freizeitcharakter und das gemeinsame Erleben stehen hier oft im Vordergrund.
Ein weiteres Beispiel: Spezielle Angebote zum Beispiel für sehbehinderte und blinde Menschen haben nicht nur eine ganz konkrete Zielgruppe. Auch die Motivation ist bei ihnen besonders groß, weil sie hier sehr nachhaltige Erfahrungen machen können, die meist mit einer hohen emotionalen Komponente einhergehen.
Eine wichtige Zielgruppe sind Multiplikatoren. Deren Motivation für den Ausstellungsbesuch ist darin begründet, Wissen und Erfahrungen mitzunehmen, um diese dann selbst weitergeben zu können. Die Wirksamkeit von Ausstellungen wird dadurch natürlich auch noch einmal verstärkt.
Vor allem Kinder und Jugendliche gehen souverän mit digitalen Medien um. Dauerausstellung im Haus der Natur (Lübbenau, Spreewald). © signatur – wissen erleben
Lässt sich das irgendwie belegen? Gibt es dazu Begleitforschung?
Kai Christiansen: Ergebnisse, mit denen wir Aussagen über Besucherstrukturen, Gefallen und Akzeptanz, Verständlichkeit und Einstellungs- bis hin zu Verhaltensänderungen treffen können, stammen vor allem aus Evaluationen, die dem Ausstellungskonzept vorangehen, die Ausstellung begleiten und sich an den Ausstellungsbesuch anschließen. Um zu prüfen, inwieweit der Kommunikationsprozess erfolgreich war, werden Besucherinnen und Besucher vor und nach der Ausstellung befragt – zum Beispiel, welche Aussagen bei ihnen hängen geblieben sind, ob sich durch den Ausstellungsbesuch ihre Einstellung zu bestimmten Themen geändert hat und ob sie sich vorstellen können, an der einen oder anderen Stelle nachhaltiger als bisher zu handeln. Gegebenenfalls werden nach ein paar Monaten noch telefonische Nachbefragungen durchgeführt. Solche Evaluationen sind natürlich viel wert.
Johann Janssen: Es wäre auf jeden Fall wünschenswert, wenn das Instrument Evaluation stärker zum Einsatz käme. Dies müsste dann natürlich auch entsprechend bei der Budgetplanung von vornherein in ausreichendem Maße berücksichtigt werden. Leider geschieht dies bisher viel zu selten oder ist gar nicht der Fall. Evaluation durchführen ist das eine – die Ergebnisse anschließend aber auch bewerten und dann umsetzen das andere. Auch dies – also eine „Nachjustierung“ der Ausstellung – wäre erforderlich. Aber auch dafür sind Manpower und ein entsprechendes Budget notwendig.
Kai Christiansen: Über begleitende Evaluationen hinaus können wir aber auch auf Forschungsergebnisse aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen zurückgreifen.
Die Umweltpsychologie untersucht zum Beispiel die Einflussfaktoren, die zu einem umweltschützenden bzw. nachhaltigen Verhalten führen (Vgl. CLIMART). Auch Ergebnisse aus der Hirnforschung können dazu dienen, Kommunikationsstrategien zu optimieren. Das hat zum Beispiel die Tropenwaldstiftung OroVerde gemacht und auf dieser Grundlage einen Leitfaden entwickelt, der sich an unterschiedlichen Motivationstypen als Zielgruppe ausrichtet. Grundidee ist, dass Sprache, Verwendung von Bildern und Symbolen, das Schaffen von emotionalen Momenten jeweils an unterschiedliche Motivationstypen ausgerichtet sein sollte und sich dementsprechend unterscheidet, je nachdem man „Bewahrer“ oder „Performer“ oder „Neugierige“ anspricht.
Aus der Freizeitforschung gibt es Erhebungen, die zeigen, dass Besucher das Gesehene mit sich und ihrem eigenen Leben in Beziehung setzen. Es entstehen offenbar ganz individuelle Ausstellungserlebnisse, die von den Ausstellungsinhalten ausgehen und mit persönlichen Empfindungen, Erinnerungen und Assoziationen verknüpft werden.
Wo sind Ausstellungen am besten? An Orten, wo interessierte Menschen von sich kommen (Museen, Besucherzentren) oder im öffentlichen Raum?
Johann Janssen: Museen, Besucherzentren sind natürlich per se prädestinierte Ausstellungsorte, denn hier ist, vereinfacht gesagt, das Publikum bereits da.
Interessant wird die Frage bei neu geplanten Museen oder Besucherzentren. Insbesondere in unserem Bereich wird zum Beispiel diskutiert, ob ein Neubau direkt in einem Schutzgebiet wie Nationalpark oder Biosphärenreservat erfolgen sollte – womit man im wahrsten Sinne des Wortes „im Thema“, also mitten in der Landschaft wäre. Oder spielen eher andere Kriterien bei der Standortfrage eine Rolle? Wie gut ist das Besucherzentrum zum Beispiel erreichbar – Stichwort ÖPNV? Oder wo gibt es bereits ein hohes Besucheraufkommen, wie es ja zum Beispiel in touristischen Gebieten der Fall ist? Sollte man also mit dem Zentrum dorthin gehen, wo die Menschen bereits sind? In diesem Fall nimmt man zwar bewusst in Kauf, nicht unmittelbar am Ort des Geschehens zu sein. Gerade in geschützten Landschaftsräumen kann dies aber durchaus von Vorteil sein – allein schon, weil so ein Zentrum mitsamt der zugehörigen Infrastruktur eine nicht unerhebliche Fläche beansprucht.
Anders sieht es mit Wanderausstellungen aus. Vorteil: Sie „wandern“ quasi zum Kunden und können an unterschiedlichen Orten in unterschiedlichen Räumen gezeigt werden. Baulich und gestalterisch stehen wir dabei zwar vor besonderen Herausforderungen, aber die verschiedenen Standorte können durchaus einen besonderen Reiz haben. So wurde die Wanderausstellung „KonsumKompass“ auch an einem ungewöhnlichen Ort wie die Christuskirche in Detmold präsentiert.
Wanderausstellungen bieten darüber hinaus die Möglichkeit, an Orte zu bespielen, an denen sich das Publikum aus einem ganz anderen Grund aufhält. Zum Beispiel Kaufhäuser, Rathäuser, aber auch Verbraucherzentralen oder Museen, die thematisch völlig anders ausgerichtet sind.
Ausstellungen im öffentlichen Raum – auf Marktplätzen, in Fußgängerzonen – sind als Standort sicherlich sehr interessant, wären aber zugleich eine besondere Herausforderung. Die Motivation der Menschen sich in der Fußgängerzone aufzuhalten, ist zunächst weit weg vom Interesse, bei dieser Gelegenheit „by the way“ eine Ausstellung zu besuchen. Kleine Inszenierungen mit Erlebnis-Charakter, zum Beispiel begehbare Skulpturen oder ähnliche Angebote, können aber durchaus auch in Fußgängerzonen funktionieren.
Wanderausstellung „LandSchafftRessourcen“. © signatur – wissen erleben
Seit wann machen Sie Ausstellungen? Was muss man können, um Ausstellungen zu machen?
Johann Janssen: signatur wurde vor nunmehr über 20 Jahren ins Leben gerufen. Ich war seinerzeit für einen Naturschutzverband tätig und zu den zentralen Aufgaben zählte die Öffentlichkeitsarbeit. Vielfach herrschte allgemein zu Natur- und Umweltschutzthemen die Zeigefingermentalität, um seine Interessen kundzutun. Damit hat man die Menschen nur bedingt erreicht und ob man sie tatsächlich überzeugt hat, darf bezweifelt werden.
Von Beginn an war es für signatur ein großes Anliegen, Natur- und Umweltschutzthemen anders zu kommunizieren – weg von Verbotsaussagen, weg von „leblosen“ Ausstellungswänden – stattdessen hin zu einer Präsentation, die beim Besucher Neugierde und Interesse weckt, die ihn für das Thema zunächst sensibilisiert und neue Sichtweisen eröffnet. Dabei waren wir immer schon der Auffassung, dass der Besucher in Ausstellungen durchaus auch einfach mal nur Spaß haben darf. Denn mit einem positiven Gefühl ist man auch sachlich ernsten Themen gegenüber aufgeschlossener und offen.
Als Ausstellungsmacher sind verschiedene Qualifikationen gefragt: Unser wissenschaftlicher Background für die zielgruppengerechte Aufbereitung oftmals sehr komplexer und inhaltlich anspruchsvoller Themen ist eine sehr wichtige Säule unserer Arbeit.
Besonders reizvoll bei unserer Arbeit ist, dass verschiedene Disziplinen und Fachbereiche ineinandergreifen, um das optimale Ergebnis zu erreichen. Innenarchitektur, Medientechnik / -planung, Grafik und Gestaltung, didaktisches Wissen, journalistische Fähigkeiten und natürlich Kreativität, um die Wichtigsten zu nennen. Natürlich muss man auch ganz bestimmte Kompetenzen in den Beruf mit einbringen. Auch in Stresszeiten zum Beispiel einen kühlen Kopf zu bewahren, Lösungsmöglichkeiten für auftretende Probleme zu finden, mit Kunden und Partnern gut zu kommunizieren, den Kunden dabei unterstützen, ihre Wünsche und Ziele umzusetzen bzw. überhaupt erst einmal klar zu definieren. Und selbstverständlich immer das Budget im Blick zu haben.
Man selbst sollte auf jeden Fall immer bereit sein, über den Tellerrand hinweg zu schauen, offen sein für Neues, Ungewöhnliches, Unbekanntes.
Farbe und Licht spielen eine große Rolle in Ausstellungen. Ein ästhetischer Gesamteindruck trägt dazu bei, die zu vermittelnden Inhalte mit positiven Bildern zu verknüpfen. Wanderausstellung „LandSchafftRessourcen“. © signatur – wissen erleben
Bezieht sich Nachhaltigkeit „nur“ auf die Themen der Ausstellung oder auch auf Gestalt und Ästhetik?
Kai Christiansen: Um die Menschen zu erreichen, müssen wir Aufmerksamkeit erregen. Dazu gehört auch eine ansprechende Gestaltung, die anlockt, neugierig macht, positive Assoziationen weckt und auch mit eigenen Bedeutungen versehen wird. Form und Farbe der Ausstellungselemente, die Inszenierung der Ausstellung im Raum, das Wirken von Licht und Tönen – das alles zusammen bestimmt wesentlich den Gesamteindruck und wirkt sich auf die Grundmotivation aus, sich auf die Ausstellungsinhalte einzulassen. Eine ästhetische Gestaltung ist daher kein Selbstzweck, sondern berücksichtigt im Kommunikationsprozess das Bedürfnis der Menschen nach einer schönen Umgebung mit einem ansprechenden Design.
Eine große Frage in der Nachhaltigkeitskommunikation ist ja auch, mit welchen Bildern und Geschichten wir Nachhaltigkeitsthemen vermitteln – Nachhaltigkeit also lebendig werden lassen und positive Stimmungen erzeugen. Auch hier können wir mit unseren Ausstellungen einen Beitrag leisten.
Was für Pläne/Ziele haben Sie für die Zukunft? Was für eine Ausstellung wollten Sie schon immer einmal machen?
Johann Janssen: Besonders reizvoll und interessant wäre es eine Ausstellung zusammen mit Kindern für Kinder zu entwickeln und umzusetzen. Kinder stellen ganz unbefangen Fragen, über die auch wir Erwachsene plötzlich beginnen erst einmal nachzudenken. Wissen Sie zum Beispiel, ob ein Vogel in der Luft sterben kann und tot vom Himmel fällt?
Spannend wäre auch, einfach mal unsere auf den ersten Blick etwas „spinnert und sinnfrei“ erscheinenden Ideen weiterzuentwickeln und umzusetzen, die entstehen, wenn mal wieder in Brainstorming-Runden die Köpfe rauchen.
Ein Thema, das in jüngster Zeit von unseren Auftraggebern richtigerweise immer stärker in den Fokus gerückt wird, ist der Anspruch nach Barrierefreiheit bei der Ausstellungsplanung bzw. Umsetzung. Dabei stellen wir fest, dass damit oftmals „nur“ Menschen mit Gehbehinderungen oder Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, gemeint sind. Wir wünschen uns, dass das Thema Barrierefreiheit bei den Planungen für Ausstellungen, Museen oder Besucherzentren umfassend berücksichtigt und sich auf Menschen mit unterschiedlichsten Einschränkungen bezieht und diese so nicht ausgeschlossen werden. Um das aber auch entsprechend realisieren zu können, müssten für diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe jedoch auch zusätzliche – und nicht unerhebliche – Mittel eingeplant und bereitgestellt werden.
Kai Christiansen: Auch die soziokulturelle Dimension der Nachhaltigkeit noch mehr in den Fokus einzelner Ausstellungen zu rücken, wäre eine spannende Aufgabe – zum Beispiel ethisch/moralische Vorstellungen und Fragestellungen im Hinblick auf den Umgang mit Natur und Umwelt, unterschiedliche kulturelle Auffassungen von Natur bzw. deren geschichtliche Entwicklung zum Thema einer Ausstellung zu machen. Oder eine Ausstellung zur Rolle von Kunst und Kultur innerhalb des Nachhaltigkeitsdiskurses – das wäre schon attraktiv.
Johann Janssen © signatur – wissen erleben